Natürlich waren unsere Turnübungen zu früher Morgenstunde nicht unentdeckt geblieben. Maria warf mir einen anzüglichen Blick zu, als ich die Küche zum Frühstück betrat.
Na, war es schön?
Danke der Nachfrage. Und ja: Heute Morgen war es schön.
Ein bisschen peinlich war es schon, aber die Hauptgeräuschkulisse hatte ja Andrea geliefert. Außerdem brauchte Maria nun wirklich nicht zu klagen. Ihr hatte ich ja auch meine volle Aufmerksamkeit am Vorabend zukommen lassen.
Ich begann mein Frühstück mit einem Glas frisch gepressten Orangensafts. Vitamine konnten nicht schaden.
Ein paar Minuten stieß auch Andrea dazu und grinste wie ein frisch gevögeltes Eichhörnchen.
Was sind denn deine Pläne für heute?, wollte sie wissen.
Gut, dass du mich darauf ansprichst. Ich werde das machen, was ich mir für den Urlaub vorgenommen habe: Mir den Wagen schnappen und mich erholen. Mal sehen, was sich unterwegs so ergibt.
Zwei Kiefer klappten auf synchron runter. Ohne uns?
Jo, das geht definitiv besser. Ihr lasst ja doch nicht die Finger von mir. Außerdem musst du ja noch fleißig büffeln, sonst hättest du ja auch in der Heimat bei deinen Handwerkern bleiben können.
Mit einem Grummeln, das irgendwie nicht das Gefühl von Zustimmung transportierte, schaufelte sich Andrea mundgerechte Obststücke in eine Schale und begann zu futtern.
Maria setzte sich zu uns. Habt ihr irgendwelche Wünsche? Ich muss nachher nach Santa Pola einkaufen.
Als ob wir uns abgesprochen hätten, entgegneten Andrea und ich gleichzeitig, dass wir uns gerne von ihrer Kochkunst überraschen ließen.
Na schön. Maria schien ein wenig ratlos und ging wohl im Kopf ihr Kochbuch durch. Wie komme ich denn runter, wenn du mit dem Wagen weg bist?
Nimm dir ruhig ein Taxi. Ich lass dir genügend Geld da. War wohl nicht die Antwort, die sie hören wollte.
Ach ja, warf ich ergänzend ein, morgen brauchst du nur für Frühstück zu sorgen. Wir fahren danach nach Alicante und machen uns einen schönen Tag. Es wird auf jeden Fall später. Ihre Neugier war geweckt, wie ich an ihren Nasenspitzen sehen konnte. Keine Chance. Mehr sage ich auf keinen Fall. Soll eine Überraschung für euch werden. Im Geiste rieb ich mir die Hände. Ihre Fantasie hatte in den nächsten Stunden genug zu tun.
Wir waren gerade fertig mit der ersten Nahrungsaufnahme des Tages, als auch schon das vertraute Knattern eines Mopeds zu hören war. Durch Flucht auf die Terrasse entkam ich den bohrenden Fragen, die sich sicher zu Dutzenden auf den losen Zungen meiner beiden Grazien stapelten.
Morgen José.
Mir entging sein kritischer Blick nicht, als er mich begrüßte. Alles in Ordnung, Chef?
Warum nicht? Ich habe die Zeit deiner Abwesenheit in deinem Sinne genutzt.
Soso. Hoffentlich hast du deinen Garten nicht über die Mädchen vergessen.
Alle Winkel sind bewässert worden. In dem Moment, wo es raus war, wurde mir klar, wie doppeldeutig diese Aussage war. Stimmen tat es ja in jedem Fall.
Eine hochgezogene Augenbraue auf meine spontane Gesichtseinfärbung war der Kommentar meines Gärtners.
Wie dem auch sei. Ich schaue mal an, was du angestellt hast.
Tu das. Eine Sache, José: Morgen müsstest du außer der Reihe hier nachschauen. Ich fahre mit den Mädchen nach Alicante. Bring doch einfach deine Frau mit und macht euch einen schönen Tag hier.
So einen Luxus würde ich gerne annehmen, aber die Pflicht ruft. Seid ihr denn am Sonntag wieder da?
Davon gehe ich im Moment aus.
Damit war José auch schon weg, um meine Arbeit zu kontrollieren. Ich drehte mich auf dem Absatz herum, um auf meinem Zimmer ein paar Sachen zu holen. Was brauchte ich? Schlüssel, Portemonnaie, eine leichte Jacke und die Papiere. Aber die lagen unten.
Meine Damen standen mit offenen Mündern da und schienen nicht glauben zu wollen, dass ich tatsächlich die Frechheit besaß, sie nicht in meine Pläne einzubeziehen. Mit einem beschäftigt euch mal schön. Bis heute Abend war ich durch die Tür und saß schon in meinem Wagen.
Doch kaum war ich vom Grundstück auf die Straße abgebogen, verließ mich die Freude, die ich eben noch über meinen Coup genossen hatte. Was sollte ich denn den ganzen Tag über anstellen?
Zuerst einmal beschloss ich, nach Santa Pola zu fahren und am Hafen zu parken. Gedacht getan. Ich fand sogar einen recht guten Parkplatz, wo das Auto den Tag über stehen bleiben konnte. Etwas orientierungslos schlenderte ich am Yachthafen vorbei. Einige Boote standen zur Vermietung an, was ich mir in Gedanken notierte. Vielleicht konnte ich nächste Woche einen Trip die Küste herunter machen.
Einige Meter weiter lag ein Ausflugsschiff, das bereitlag, um zu einer vorgelagerten ehemaligen Pirateninsel auszulaufen. Warum nicht? Ich erwarb ein Ticket und nahm auf dem Deck Platz. Kurz darauf legte es ab und steuerte auf das offene Meer hinaus.
In den wenigen Minuten auf See gab es nicht viel zu beobachten. Deswegen döste ich ein wenig vor mich hin. Die letzten Tage hatten mich ganz schön auf Trab gehalten, woran sowohl meine Haushälterin als auch der von mir eingeladene Besuch jeweils ihre Anteile hielten. Wenn ich es mir genau überlegte, waren die letzten Monate, seitdem ich mein Trio auf der Tagung kennengelernt hatte, meine sexuell aktivsten seit Langem gewesen. Davor war es Beate gewesen, die in mir den Tiger geweckt hatte.
Nicht, dass ich vor ihr wie ein Mönch gelebt hatte, aber meistens kam es kaum über eine Nacht hinaus. So attraktiv die Frauen gewesen waren, so wenig entsprachen sie dem, was ich mir über eine längere Dauer hinweg als Partnerin vorstellen konnte.
Dann kam Beate wie ein Tornado über mich hinweg. Sie stand plötzlich mit ihrem Tablett in der Mensa und suchte einen freien Platz. Wie so oft versuchte ich, dieses hübsche Wesen mit Telepathie an meinen Tisch zu lotsen. Meistens ging es schief, weil meine Opfer eine Verabredung hatten und sich zu einer Freundin oder einem Freund setzten.
Zu meiner Überraschung klappte es aber ausgerechnet bei dieser Zaubermaus.
Sie strahlte etwas Undefinierbares, fast Mystisches aus. Kein Hungerhaken, sondern eine Frau mit Proportionen an den richtigen Stellen. Dazu kamen ihre unverschämt wachen Augen. Als sie mich erblickte, knallte bei mir eine Sicherung raus. Ich ertrank binnen Sekunden in ihren Augen und war rettungslos verloren.
Mit einem Hüftschwung, der mich wie einen pawlowschen Hund augenblicklich sabbern ließ, kam sie auf mich zu. Selbst die Art, wie sie ihr Tablett auf den Tisch abstellte, brachte eine Kernschmelze zwischen meinen Ohren zustande.
Na, Stefan. Ich nehme an, hier ist noch frei? Eigentlich war es keine Frage, sondern eine Feststellung. Dass ich immerhin noch ein Kopfnicken zustande brachte, war einzig meinen Hirnarealen geschuldet, die sich nicht durch die Hintertür verabschiedet hatten. Nur gut, dass ich mein Essen schon beendet hatte. Mir wäre das Besteck aus den Händen gefallen.
Du bist doch sonst nicht so auf den Mund gefallen, versuchte sie eine erneute Gesprächseröffnung.
Ne, stammelte ich.
Was ne? Sie grinste mich herausfordernd an.
Ich riss mich irgendwie zusammen. Ne, sonst fällt mir immer ein Spruch ein, aber du ... das heißt ... ähm ... siehst klasse aus.
Einen blöderen Spruch hätte ich kaum loslassen können, aber Beate nahm es amüsiert zur Kenntnis.
Also meine Freundinnen sehen nicht klasse aus?
Wen meinst du da konkret?
Beate half mir mit mindestens einem halben Dutzend Namen aus, die ich für Forschungszwecke erlegt hatte. Hübsch ja, aber du bist anders. Gar kein Vergleich.
Ihr helles Lachen machte alles nur schlimmer. Mit wem würdest du mich denn vergleichen wollen?
Glatteisgefahr wurde mir durch mein latent vorhandenes Hirn signalisiert. Irgendeine griechische Göttin vielleicht. Hoffentlich war das jetzt nicht zu dick aufgetragen.
Medusa?
Entrüstet blickte ich sie an. Aphrodite trifft es deutlich besser.
Soso. Ihre Augen flammten auf. Ich hatte wohl ihren Geschmack getroffen.
Sie verschaffte sich eine Gesprächspause, indem sie sich ein Salatblatt auf die Gabel spießte und zum Mund führte. Keine Ahnung, wie unsere Unterhaltung weiterlief. Ich hing an ihren Lippen und antwortete mechanisch und meist einsilbig.
Schließlich schaute sie auf ihre Uhr und meinte, dass sie nun leider in die nächste Vorlesung müsse. Sofort stellte sich das Verlangen ein, die kurze Zeit unseres Beisammenseins zu verlängern. Allein der Gedanke, dass sie mich alleine zurückließ, machte mir das Atmen schwer.
Sehen wir uns wieder?, schaffte ich noch zu fragen.
Nur, wenn du dann auch gesprächiger bist. Ich kann keine Männer leider, die maulfaul auf meine Titten starren.
Habe ich auf deine Titten gestarrt? War mich nicht aufgefallen.
Nein, du hast mich als Ganzes mit deinen Augen verspeist. Sie lachte. Aber das Vergnügen war auch auf meiner Seite.
Damit verschwand sie von der Bildfläche, als habe sie der Boden verschluckt.
Die Schiffsglocke machte mich darauf aufmerksam, dass ich mein Ziel Tabarca bald erreichen würde. Nur ungern tauchte ich aus meinem Tagtraum auf.
Ich schloss mich den anderen Passagieren an, die das Boot verließen. Das kleine Eiland war umgeben von kristallklarem Wasser, der Tourismus zu dieser Jahreszeit bereits auf ein erträgliches Maß geschrumpft. Direkt hinter dem Hafen ging es rechte Hand in das kleine Örtchen. Wahrscheinlich bin ich ein Banause, aber kaum fünfzehn Minuten später hatte ich gesehen, was ich sehen wollte und drehte wieder um. Der Strand im Süden war immer noch gut besucht, aber irgendwie wollte ich alleine sein. Also machte ich mich auf den kleinen Rundweg zur Ostspitze.
Ich fand ein Plätzchen, wo ich mich niederlassen konnte und starrte auf das offene Meer. Wieder kamen die Gedanken, wie ich Beate kennengelernt hatte. Gerne würde ich erzählen, wie ich ihr den Hof gemacht hatte, um sie für mich zu gewinnen, doch richtig ist, dass sie mich erobert, ja regelrecht umgehauen hatte.
Mit einem Kumpel war ich den ganzen Abend durch die Studentenkneipen gezogen und befand mich sozusagen schon gedanklich auf dem Heimweg. Axel, mein Kumpan, empfand wohl noch wenig Heimweh. Lag wohl auch daran, dass er schon seit Längerem auf der Suche nach einer Frau war.
Lass uns noch hier rein gehen. Auf einen Absacker. Vielleicht versteckt sich ja hier noch ein nettes Mädchen, das auf mich wartet.
Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. So richtig glauben konnte ich das allerdings nicht. Welche Frau will schon was von zwei angetrunkenen Langhaaraffen? Doch Axel hatte bereits die Tür in der Hand und zog mich einfach in dieses urige Lokal rein.
Eine Dunstglocke schlug mir entgegen. Die Tabakrauch geschwängerte Luft war zum Schneiden. Supermax dröhnte mit ihrem Hit Lovemachine aus den Boxen. Ein paar Mädchen tanzten mit geschlossenen Augen vor sich hin. Für Axel wären sie sicher was gewesen, aber dafür hätte er seine Angst überwinden und auch eines ansprechen müssen. Meine Wenigkeit hatte damals kein Interesse an einer neuen Bekanntschaft. Meine letzte Flamme hatte mich eine Woche zuvor verlassen. Im Gegensatz zu Axel hatte ich aber kein Problem eine Frau anzusprechen und oft genug ergab sich dann auch was. Aber wie gesagt: An jenem Abend hatte ich keinen Bedarf.
Stattdessen zog es Axel nach hinten durch. Dort standen ein paar ausrangierte Sofas, in denen man beim Setzen fast bis zum Boden durchsackte. Wir fanden sogar noch Platz und ließen uns fallen. Mein Blick glitt an den Wänden entlang, die mit Konzertplakaten der letzten Jahre übersät waren. Einige trugen sogar Signaturen von den entsprechenden Künstlern. So vertieft, wie ich auf die musikalischen Helden schaute, bekam ich nicht mit, wie die Bedienung an den Tisch trat.
Na, was darf ich euch bringen?
Zwei Bier, orderte Axel. Das war schon ganz okay, aber die Stimme der Kellnerin zog plötzlich meine ganze Aufmerksamkeit auf sich. Ein elektrisierendes Kribbeln rauschte mir den Rücken rauf und runter und ließ meine Nackenhaare senkrecht stehen.
Bevor ich meinen Blick jedoch neu justiert hatte, war die Thekenkraft schon wieder abgerauscht. Trotzdem war ich mir sicher, dass es nur Beate sein konnte.
War das nicht Beate?, fragte ich sicherheitshalber bei Axel nach.
Hm. Er hatte wieder diesen verträumten Blick aufgesetzt, den er immer hatte, wenn er eine hübsche Frau sah. Und wie immer würde er nichts auf die Reihe bekommen. Tolle Frau.
Dem konnte ich nicht widersprechen.
Es dauerte nur ein paar Augenblicke, da standen unsere Getränke vor unseren Nasen.
Na, Stefan. Da stand sie leibhaftig und grinste mich an.
Beate, bekam ich irgendwie raus. Meine Augen wussten nicht wohin. Durch unsere tiefergelegten Sitze war geradeaus genau der Reißverschluss ihrer Jeans. Alleine die Vorstellung, dass sich dahinter ihr Allerheiligstes versteckte, ließ meinen Mund austrocknen. Hastig griff ich mein Glas und trank einen Schluck, wobei nun meine Sehnerven ein Stück höher wanderten und an ihren Brüsten hängenblieben. Peinlich, peinlich. Auch dieser Anblick kochte meine Fantasie nicht gerade herunter.
Lachend kassierte sie von Axel das Geld und drehte sich um. Mir schien es, als wolle sie mir ihre hübsche Sitzmuskelgruppe unter die Nase reiben.
Scheiße!, fluchte Axel neben mir.
Was?
So eine Sahneschnitte bekommst irgendwie nur du ab. Die steht auf dich.
Quatsch! Wie kommst du denn auf das schmale Brett?
Das muss ich dir doch wirklich nicht erklären. Wer von uns beiden macht denn sonst die Bräute klar?
Ich, stellte ich fest.
Richtig. Du kannst die Weiber lesen wie ein Buch. Du willst mir doch nicht sagen, dass du nicht bemerkt hast, wie sie dich angesehen hat. Die ist so was von heiß.
Echt? Ich konnte es kaum glauben. War mir nicht aufgefallen. Und das bei meinem sonst untrüglichen Instinkt, wenn etwas ging. Bei Beate versagte er vollkommen. Aber ich war eigentlich auch noch nie von einer Frau abgebaggert worden. Deswegen schob ich den Gedanken auch schnell wieder beiseite.
Unnötig zu sagen, dass aus dem Absacker eine längere Angelegenheit wurde. Jedes Mal, wenn Beate uns Nachschub brachte, blickte sie mir bis in den kleinen Zeh. Um genau zu sein, war es dann Axel, der gegen vier Uhr auf den Aufbruch drängte. Der Laden hatte sich geleert und wir blieben nie so lange, bis wir mit dem Besen rausgekehrt wurden.
Mächtig angeschickert packten wir unser Zeug und Axel wankte am Tresen vorbei schon mal nach draußen. Ich griff noch nach meinen Klamotten. Die Jacke fühlte sich zu leicht an, und wie ich sie daraufhin untersuchte, fehlte der Schlüssel. Mist!
Hektisch ging ich noch einmal alle Taschen durch. Der Schlüsselbund blieb verschwunden.
Ist was?, hörte ich eine bekannte Stimme hinter mir. Beate.
Mein Schlüssel ist weg.
Warte. Ich helfe dir suchen.
Mit einem Schritt war Beate um den Tisch herum und griff in die Polsterritzen. Wir kamen uns ziemlich nah, sodass ich ihre Hitze spüren konnte. Mein Hirn war so vernebelt, dass ich glatt das Suchen vergaß. Dann passierte es: Mit ihrem Po kam sie gegen mein Bein. Unsere erste Berührung. Heißkalte Schauer überfielen mich. Ich starrte auf ihr Hinterteil, das sich unverändert an meinem Oberschenkel rieb. Beate verharrte mitten in der Bewegung und warf mir einen kecken Blick über die Schulter zu.
Willst du mir nicht helfen?
Wobei?
Wie wäre es mit Schlüsselsuche?
Äh ... ja ... klar. Nix war klar. Ich rührte mich nicht von der Stelle. Konnte ich einfach nicht. Der Kontakt hatte eine Spontanlähmung meiner Beinmuskulatur ausgelöst. Wahrscheinlich fehlte ihr Blut. Das hatte sich nämlich einen anderen Platz für seinen Aufenthalt gesucht. Bücken war damit unmöglich.
Unterdessen hatte Beate ungerührt weiter gesucht, meinen Schlüssel tatsächlich in einer Spalte gefunden und hielt ihn triumphierend hoch. Hier ist er.
Danke, stotterte ich hervor. Bitte guck mir jetzt nicht auf die Hose, fügte ich in Gedanken hinzu und versuchte den blamablen Umstand hinter meiner Jacke zu verbergen. Gelang mir natürlich nicht, weil ich viel zu gehetzt agierte und prompt fiel mir meine Tarnung aus der Hand.
Was ist? Die Frage tauchte jetzt zum wiederholten Mal auf. Und dann begaben sich ihre Augen auf Reise. Von meinem kalkweißem Gesicht abwärts. Oh! Ein schelmisches Lächeln huschte über ihre Gesichtszüge. Verstehe.
Du bist nicht sauer? Herr! Schick mir ein Erdloch! Im Geiste machte ich einen großen Haken an eine nähere Bekanntschaft.
Amüsiert und dennoch mit offenen Augen schaute sie mich an. Warum sollte ich sauer sein, wenn mir jemand ein Kompliment macht, noch dazu, wenn es so aufrichtig gemeint ist. Bei aufrichtig blieben ihre Augen an meinem Stall hängen und ihr sympathisches Lachen löste meine Starre.
Könnte ich trotzdem meinen Schlüssel haben?, fragte ich unsicher.
Nein.
Wie? Nein? Ich war so was von verblüfft. Das ging nicht in meinen Schädel.
Nein! Sie besaß die Frechheit, einfach den Schlüssel in ihre Tasche zu stecken. Du kommst jetzt erst mal mit. So, dabei deutete sie auf meinen Schritt, gehst du nirgends hin. Schon gar nicht nach Hause.
Verdammte Axt! Was gab das denn jetzt wieder?
Beate sah wohl leuchtend rote Fragezeichen über meinem Kopf blinken, rappelte sich vom Sofa hoch und griff nach meiner Hand. Ich würde heute noch schwören, dass ich mir in dem Moment die Hand verbrannt habe. Auf jeden Fall stand ich in Flammen.
Vollkommen unbeirrt zog Beate mich hinter sich her. Es ging an den Toiletten vorbei und endete vor einem Raum, für den nur Personal Zugang hatte.
Sie zerrte mich regelrecht hinter die Tür. Licht machte sie keins. Aber das brauchte sie auch nicht. Spätestens als ich die Wand im Rücken und ihre Brüste an mir fühlte, benötigte ich gar nichts mehr. Das Denken war überflüssig geworden. Alle Fragen waren durch eine überraschende Gewissheit verstummt. Ihre Hände legten sich in meinen Nacken, zogen meinen Kopf herunter ihren Lippen entgegen.
Und ich? Ich vergaß einfach, dass ich auch Hände hatte. Kurz bevor sich unsere Münder vereinigten, hielt sie inne. Willst du nicht? Natürlich wollte ich. Sie war einfach die personifizierte Erfüllung aller Versprechen und geheimster Wünsche. Ungestüm presste ich mich Beate entgegen, die mich gleich wieder ausbremste.
Schon besser, aber so will ich auch nicht. Hörst du? Zeig mir deine Gefühle in einem Kuss, der mir die Knie weichmacht.
Da stand ich nun mit meiner Erektion, war scharf wie ein Skalpell und Beate wollte noch mehr Gefühle einfordern?
Sie muss meine Ratlosigkeit gespürt haben, denn nun kam sie mir freiwillig entgegen. Gleich darauf schlug der Blitz ein. So weiche, warme, wilde Lippen hatte ich noch nie gespürt. Das war so ... wunderbar, dass ich mich verflüssigte und nun versuchte, es ihr gleich zu tun.
Zärtlich legte ich meinen Arm um ihre Schultern, knabberte an ihrer Unterlippe und öffnete mich ganz und gar. Wir strebten mit unseren Mündern der ersten Vereinigung entgegen, verschmolzen und verglühten in diesem Kuss. Dabei kamen wir uns so nah, wie ich es noch nie empfunden hatte. Damit meine ich nicht das Körperliche, obwohl nicht einmal ein Blatt Papier zwischen uns gepasst hätte. Nein, das war ein ganz anderes Kaliber, intensiver als alles, was ich bisher erlebt hatte. Die Welt hielt ihren Atem an, die Zeit stand still. Unendlichkeit dieses Moments wäre die Erfüllung gewesen.
Schließlich endete dieser Kuss, weil wir beide dringend Sauerstoff benötigten. Beate rückte ein Stück ab und wühlte in meinen damals noch langen Haaren. Obwohl ich nichts sehen konnte in dieser dunklen Kammer, spürte ich ihre Augen auf mir ruhen.
Ich mache das sonst nicht und viel Zeit haben wir jetzt auch nicht, aber ...
Bevor ich nachfragen konnte, rutschte sie langsam an mir herunter. Ihre Hände fanden den Zipper an meiner Jeans und befreiten meine schmerzhaft pochende Männlichkeit aus ihrem Käfig.
Beate ...
Halt einfach die Klappe. Du darfst dich bei nächster Gelegenheit revanchieren.
Und dann flimmerten vor meinen Augen Milliarden Sternchen. Voll zärtlicher Begierde liebkoste sie meinen mächtig unter Dampf stehenden Kessel. Himmel, was wusste sie mit ihren Händen alles anzustellen!
Ich komme gleich. Hör besser auf!
Irgendwie hatte ich den Eindruck, dass ich genauso gut einem leeren Bierfass hätte reden können. Genau das Gegenteil machte dieses Biest: Es stülpte ihre Lippen über meine Eichel und das war es. Ende im Gelände. Mit Gewalt bahnte sich mein Orgasmus seinen Weg.
Ich wollte sie noch wegstoßen, doch Beate dachte gar nicht daran. Sie saugte mich zum Höhepunkt und dann komplett leer. Meine Beine versagten ihren Dienst und langsam rutschte ich die Wand hinunter bis auf meinem Hosenboden angekommen war.
Von da an war nichts mehr wie zuvor. Wann immer sich eine Möglichkeit ergab, hockten wir wie die Kletten aneinander. Ineinander auch. Sie brachte mir Dinge bei, die ich hinter ihrer gutbürgerlichen Fassade niemals erwartet hätte, und sie lehrte mich, dass es etwas brachte, sich voll den Belangen einer Frau zu widmen. Wann immer ich meine Sache gut gemacht hatte, wurde ich anschließend reich belohnt. Ich bekam die perfekte Konditionierung in Liebesdingen und brannte geradezu darauf, ihr ein perfekter Liebhaber zu sein.
Unterdessen war die Sonne weit nach Westen gewandert und es wurde Zeit. Das letzte Schiff erwischte ich noch eben.
Während ich auf Deck der langsam verschwindenden Insel nachsah, wurde ich mit einem Mal wehmütig. Was zum Teufel hatte mich geritten, meine Frau über die Jahre so zu vernachlässigen? Ich wischte den Schwermut beiseite. Geschichte. Aus. Vorbei. Schließlich hatte ich ja meine drei Engel. Obwohl sie mir nicht das Gleiche bedeuteten wie Beate, hatte ich es für einen alten Sack nicht so schlecht getroffen. Und nun hatte sich ja auch Maria noch geoutet.