Hi, ich bins Tanja, meldete ich mich, als der AB sein Sprüchlein aufgesagt hatte. Schade, dass du nicht da bist. Kannst dich ja mal melden, wenn du Lust hast. Dann drückte ich die kleine rote Taste am Telefon. Der fünfte erfolglose Anruf war das. Keine meiner Freundinnen hatte Zeit, oder war auch nur erreichbar. Was für ein öder Tag.. Obwohl draußen die Sonne schien, hatte ich zu nichts Lust. Na ja, so ganz stimmte das nicht. Lust hatte ich schon, aber die würden auch meine Freundinnen nicht befriedigen können.
Ich sah auf die Uhr. Halb fünf. Martin war mit seinen Kumpels auf dem Sportplatz. Bundesliga. Mit dem würde heute nichts mehr anzufangen sein. Überhaupt, wenn ich darüber nachdachte, war sowieso nicht mehr viel los in unserer Beziehung. Sicher, wir trafen uns regelmäßig, hatten auch oft Sex miteinander, aber der richtige Kick fehlte. Immer öfter kam es vor, das Martin meinen Annäherungsversuchen widerstand und ich unbefriedigt zurück blieb, wenn er am Abend nach Hause ging. Über Nacht geblieben, war er schon lange nicht mehr.
Vorher war das anders gewesen. Da hatten wir es immer und überall miteinander getrieben. Selbst im Freibad, in der hintersten Ecke, am Fuß des kleinen Hügels. Oder auf dem Wochenendgrundstück seiner Eltern, während sein Vater den schweren und vor allen Dingen lauten Rasenmäher über das große Gelände fuhr. Jetzt musste ich immer öfter zur Selbsthilfe greifen. Ein untragbarer Zustand. Noch einmal blätterte ich mein Telefonbuch durch. Dann blieb mein Blick auf einem Eintrag hängen Martina Roser, die kleine unscheinbare und graue Maus aus der Berufschule.
Viel verband mich nicht mir ihr. Da sie eine gute Schülerin war, hatte ich oft von ihrem Lerneifer profitiert, aber näher angeschlossen hatten wir uns nicht. Ich zögerte. Aber schließlich gab meine Langeweile den Ausschlag. Ich brauchte jemand zum quatschen. Lange klingelte es durch, bis sie sich etwas atemlos mit ihrer piepsigen Stimme meldete.
Wo habe ich denn dich hergeholt, fragte ich sie, nachdem ich mich gemeldet hatte. Von.. Ach ist ja auch egal. Was willst du denn? So wie ich sie einschätze, hatte sie eben zwei schwere Einkaufstaschen die Treppe hoch getragen. Ich dachte, wir könnten was zusammen unternehmen? Nur die schweren Atemzüge waren zu hören. Warum nicht? Wollen wir uns im Kaisergarten treffen? In einer Stunde? Ich sagte zu, froh, eine Verabredung zu haben, die wenigsten etwas Abwechslung versprach Aber so richtig glücklich war ich nicht. Immer noch hielt ich das Telefon in der Hand, als es sich summend meldete.
Ja? Meldete ich mich. Ein infernalischer Lärm drang an mein Ohr. Süße, wir haben gewonnen. Die Jungs und ich gehen jetzt feiern! Martin. Und wie es schien, nicht mehr nüchtern. Sollte er. Dann feiert mal schön! Sagte ich und legte auf. Viel Mühe gab ich mir
nicht, mit meinem Outfit. ich ging ja nicht auf Kriegspfad, auf Eroberungskurs, sondern traf mich nur mit einer, wenn auch keinesfalls engen, Freundin, die dazu nicht so besonders aussah. Harte Worte, ich weiß, aber so bin ich nun mal.
Martina war schon da, als ich den Kaisergarten betrat. Lässig winkte sie mir vom hintersten Tisch aus zu. Als ich mich zu ihr setzte konnte ich wieder einmal bewundern, wie ihre flinken Finger eine Zigarette drehten. Ihr Aussehen, ließ ich innerlich erschauern. Wie immer lief sie im Schlabberlook herum. Weiter, faltiger und langer Rock darüber ein gehäkeltes Top, alles in dunklen Erdtönen. Keine Schminke im Gesicht und dazu die unmögliche Hornbrille. Martina zündete sich ihre Selbstgedrehte an und blies den Rauch in meine Richtung. Spöttisch sah sie mich an.
Dir war wohl langweilig? Sonst hättest du mich ja kaum angerufen, oder? Vor soviel Durchblick versagte meine Frechheit. Ich nickte. Gut, dann lass uns das Beste daraus machen! Wir fingen an, uns zu unterhalten. Irgendwann fragte sie, wo ist dein... Martin? So hieß er doch, oder? Ich nickte. Martin. Beim Fußball, mit seinen Kumpel. Aha! Sie sprach das so aus, als wüsste sie etwas. Was ist daran ungewöhnlich? Nichts. Ich frage mich nur, ob die große Liebe vorbei ist. Wenn ich das wüsste. Aber ich gab mich gelassen. Man muss nicht immer zusammen hängen. Entfernung kann auch zusammen schweißen! Und dann, nach einer Pause, und du? Hast du einen Freund? Wieder sah sie mich spöttisch an. Muss ich das?
Nun, es gibt Dinge, die zu zweit mehr Spaß machen! Rutschte mir heraus. Sie lachte aus vollem Hals. Du meinst Sex? Ich nickte zaghaft und wurde rot. Ich kannte Martina überhaupt nicht mehr. Immer noch lachte sie, dann beugte sie sich vor und sagte in verschwörerischem Ton zu mir, Hey, ich habe zwei Hände und wenn die nicht ausreichen, dann gibt es noch Spielzeug, Kerzen und jede Menge Gemüse! Wieder lehnte sie sich zurück, nahm einen tiefen Zug und blies den Rauch in den dunkler werdenden Himmel. Natürlich, meinte sie sinnend, so ein geiler Schwanz ist dann und wann nicht zu verachten. Wenn der Kerl damit umgehen kann. Aber sich dafür an einen binden? Die Hand, in der sie ihre Zigarette hielt, beschreib einen großen Bogen. Es laufen doch genug Schwanzträger herum, da findet sich immer einer. Mir blieb fast die Luft weg. In diesem unscheinbaren Wesen, hatte ich mich wohl jahrelang getäuscht.
Wir schwiegen uns an. Ich nahm einen Schluck aus meinem Glas und hielt es dann in er Hand. Du machst es dir wohl oft selbst? Fragte ich leise. Wieder kam ihr spöttisches Grinsen aus ihren blitzenden Augen. Natürlich. Was denkst du, wobei du mich vorhin gestört hast? Ich hielt die Luft an. Guck nicht so indigniert. Ich hatte mir gerade eine Kerze rein geschoben, als du angerufen hast. Danach musste ich wieder von vorne anfangen! Soviel Offenheit, soviel Direktheit, ließ mich stumm werden. Was soll das? Machst du es dir nie selber? Und wieder wurde ich rot, als ich leise doch, natürlich, sagte. Na also!
Langsam drückte sie ihre Zigarette aus. Ich bin schon wieder geil. Oder immer noch! Und als sie das sagte, spürte ich auch dieses Ziehen und Kribbeln. Wenn Martin jetzt da gewesen wäre....! Martina sah mich lange und durch dringend an. Du auch, stimmts? Ich konnte nur nicken. Sie sah auf die Uhr. Noch eine Stunde, dann ist es ganz dunkel. Und wenn man die Fahrt noch dazu rechnet, kommen wir gerade recht. Wir, hatte sie gesagt. Was hatte sie vor?
Also... Nun, ich stehe nicht auf Frauen! Wieder lachte sie lauthals. Keine Angst Süße, ich will dir nicht an die Wäsche. Ich stehe auch nicht auf Frauen. Obwohl, so ganz ohne ist das auch nicht! Und wieder verschlug es mir die Sprache. Wo willst du mit mir hin? Fragte ich ein wenig aufgeregt und deshalb atemlos.
Wieder lehnte sie sich zurück, zückte ihren Tabakbeutel und drehte sich eine neue Zigarette. Lass dich überraschen.... Summte sie mit erstaunlich gut nachgemachten Akzent. Dann begannen wir über andere Dinge zu reden. Wir bestellten uns noch etwas zu trinken, bezahlten aber gleich. Während unseres Gespräches wurde es immer dunkler. Plötzlich meinte Martina, es wird Zeit! Durchdringend sah sie mich an. Wenn du nicht willst, du musst nicht mit. Aber es entgeht dir etwas. Was sollte ich tun? Sie hatte mich neugierig gemacht. Wir verließen den Biergarten und Martina schleifte mich zu ihrem Auto. Schweigend fuhren wir aus der Stadt heraus. Ein kurzes Stück Schnellstraße, dann eine ebenso kurzes Stück Autobahn.
Wir fuhren durch ein Dorf und dann bog sie in einen holprigen Waldweg ab. Ich wurde immer aufgeregter, aber auch immer nervöser. Was hatte sie nur vor? Auf einem Waldparkplatz, vor einer geöffneten Schranke, bleib sie seitlich stehen. Nur noch ein anderes Auto stand da. Ein dunkles Cabrio. Martina sah auf die Uhr. Noch ein bisschen früh, aber Rotkäppchen ist schon da. Das ist doch immerhin etwas. Der Sinn ihrer Rede entging mir. Ich stieg aus. Martina brauchte etwas länger dazu. Irgendetwas tat sie, was ich nicht mitbekam. Jetzt war sie auch draußen und schloss die Tür.. Dann ging sie den Waldweg entlang.. Los komm! Forderte sie mich auf, als ich ihr nicht gleich folgte. Als wir nebeneinander herliefen, meinte sie plötzlich, du hättest einen Rock anziehen sollen! Ich und Röcke, ich besaß so etwas gar nicht!
Nach ein paar hundert Metern nahm sie meine Hand und hielt mich zurück. Warte hier und reg dich nicht. Und keinen Laut, verstehst du? Ich nickte beklommen. Sie verschwand im Dunkel und ließ mich mit klopfendem Herzen zurück. Von meiner Erregung spürte ich nichts mehr. Jetzt hatte ich nur noch Angst. Auf was hatte ich mich da eingelassen? Ein Rascheln ließ mich zusammenzucken. Martina kam wieder zurück. Ich sah ihre Brillengläser aufblitzen. Noch ist nichts los. Nur Rotkäppchen ist wie gesagt da. Aber das wird schon noch. Ist ja noch früh. Hat aber auch sein Gutes, so bekommen wir wenigstens gute Plätze. Der Sinn ihrer Rede wurde immer dunkler. Sie nahm mich wieder bei der Hand und führt mich durch ein dichtes Gebüsch.
Plötzlich standen wir vor einer grasbewachsenen Böschung, die etwas 10 Meter in die Tiefe ging. Nicht steil und in Stufen. Diese Böschung umschloss rundum ein kleines Tal, ebenfalls grasbewachsen und völlig baumlos. Auf der linken Seite hatte das Tal einen vielleicht vier Meter breiten Durchgang. Das Tal war insgesamt etwa 20 Meter im Durchmesser und annähernd kreisrund.. Martina führte mich etwas nach rechts und dann in etwa die Hälfte der Böschung hinunter. Auf einer Stufe ließ sie sich zu Boden fallen und lehnte sich bequem zurück. So, jetzt heißt es warten. Mal sehen wie lange. Und wieder drehte sie sich eine Zigarette.