Ich musterte Marlene aufmerksam. Sie war wohl Ende 40, sehr gepflegt, mit Geschmack und sicher auch teuer gekleidet, ihre wachen Augen deuteten auf einen messerscharfen Verstand hin und sie machte auf mich einen ausgeglichenen, zufriedenen Eindruck. Freundlich hatte sie mir zur Begrüßung ihre schlanke Hand gereicht, gleich um das "Du" gebeten und mich zielstrebig in dem kleinen Cafe zu einem Tisch abseits gelotst, an welchem man vor neugierigen Ohren sicher war. Bis unsere bestellten Getränke eintrafen hatte sie mir ausführlich von der Bretagne und ihrem Ferienhaus dort erzählt, von der wunderbaren Landschaft und von den eisklaten, aber erfrischenden Bädern im Atlantik geschwärmt. Es gefiel mir, wie sie selbstsicher auf ihr Ziel lossteuerte und doch den pikantesten Teil ihres Gesuchs zunächst unerwähnt ließ. Erst nachdem der Kellner die kalt beschlagenen Gläser abgestellt hatte, nicht ohne den schlanken Beinen Marlenes durch einen ausgedehnten Blick Respekt zu zollen, wurde sie konkreter.
Vor einigen Tagen war in einer renommierten Tageszeitung Marlenes Annonce erschienen, die da lautete: "Suche für meinen Mann eine aufgeschlossene Begleiterin, die uns für drei Wochen im August in die Bretagne begleitet." Nun, da sie anfing mir zu erklären, wie aufgeschlossen die gewünschte Begleiterin sein sollte, fiel ihr das Sprechen etwas schwerer, aber man merkte ihr an, dass sie sich viel Gedanken um das gewünschte Arrangement gemacht hatte. "Die Frau, die wir suchen, sie soll uns beide eine angenehme Gesellschaft auf freundschaftlicher Basis sein, mit der wir den Urlaub genießen können, mit der wir zu zweit und einzeln auch mal unternehmen möchten, die mit uns am Strand faulenzt, mit uns kocht, in den kleinen Hafenstädten bummelt und eben Frankreich in vollen Zügen genießt. Und mich dabei etwas entlastet. " Marlene warf mir einen prüfenden Blick zu. "Was meinst Du mit entlasten?" fragte ich nach, denn nun waren wir wohl beim heiklen Teil des Arrangements angelangt. "Nun ja, Thomas ist sexuell interessierter als ich es bin. Er hatte bis vor ein paar Monaten eine Affäre, als ich dahinter kam, tobte ich und schwor ihn zu verlassen, wenn er es nicht augenblicklich beenden würde. Er tat es. Wir haben uns soweit wieder stabilisiert, aber durch die Affäre merkte er, dass ihm unser wöchentlicher Sex einfach zu wenig ist. Wir haben einen grauenvollen Osterurlaub hinter uns, bei dem er ständig wollte und ich eben nicht. Er gab sich Mühe, mich in Stimmung zu bringen und zu verführen, und das gelang ihm ja auch, aber oft hätte ich einfach lieber in meinem Buch gelesen. Das führte nur zu Mißstimmungen und zu beiderseitigem Verdruß. Vor allem, da man im Urlaub ja viel mehr Zeit als sonst hat, im Alltag läßt sich das noch eher kaschieren. Mittlerweile könnte ich mich also mit einer erlaubten außerehlichen Affäre abfinden, meine ich. Es ist ein Versuch. Ich wäre dabei, wir leben unser Leben und er würde auch mit Dir dabei schlafen.". Ihre Selbstsicherheit war nun einer gewissen Melancholie gewichen, aber ihre Entschluß, ihre Ehe so zu retten fand ich durchaus merkwürdig, allerdings nicht im schlechtesten Sinn. "Du weißt aber schon, dass ich nicht bi bin?" Marlene schaute mich erschrocken an, dann mußte sie grinsen: "Es kränkt mich zwar, dass Du mich so rüde verschmähst, aber nein, ich möchte einfach nur weniger Sex als er und schon gar keinen mit Frauen. Paßt schon!". "Und ich bin kein Profi! Ich würde Euch auch nicht garantieren, dass ich immer verfügbar bin, da gibt es bei mir auch Grenzen, ich gehe nicht in Euere Eigentum über?!". "Nein, natürlich nicht. Du würdest mit uns kommen, natürlich bei freier Kost und Logis, alle Kosten würden wir übernehmen, Du kannst auch freie Zeit für Dich verbringen, klar, wenn Du Dich uns anschließt, freuen wir uns, wenn es paßt - ganz wie Du willst. Ein bißchen `Familienanschluß` fänden wir schon gut, weil wir wollen ja keine Sexsklavin, sondern jemand auf Augenhöhe. " "Und auf Lendenhöhe von Thomas, stimmts?" Marlene guckte mich an, verschluckte sich und lachte ein offenes, klares, fröhliches Lachen, die Freude sprühte ihr aus den Augen. "Touche. Ja, das auch!".
Marlene fing an in ihrer Tasche zu kramen und reichte mir einen Umschlag. "Da sind Bilder von ihm drin, damit Du Dir vorstellen kannst, ob Du mitkommen möchtest." Bevor ich nach dem Umschlag griff stellte ich ihr noch ein Frage: "Wieviele haben sich eigentlich auf Deine Anzeige gemeldet?" "Das kann ich Dir ganz genau sagen: Nur Du. Und wir haben uns bereits auf Dich eingeschossen, wenn es mir Dir nicht klappt, brechen wir den Versuch ab." Ich schaute mir das erste Bild an, mir lachte ein dunkelhaarige Lockenkopf entgegen, sympathisches, selbstbewußtes Lachen, Mitte 50. Auf dem zweiten Bild sah man Thomas in einer Ganzkörperaufnahme, er schien groß und athletisch zu sein. Kein Wunder, dass sich Marlene es angelegentlich sein ließ, selbst ein Betthäschen für ihn auszusuchen, denn seine Chancen standen sicher nicht schlecht, selbst für Nachschub zu sorgen. Das dritte Bild zeigte ihn nackt und ich warf nur einen kurzen Blick darauf, um es mit den anderen wieder in den Umschlag zu stecken. "Oh, jetzt hast Du aber was verpaßt", meinte Marlene. "Er ist gut gebaut.". "Äh, ja, Du weißt doch, Größe spielt keine Rolle.". "Und? Kommst Du mit? Kannst Du es Dir vorstellen?".
Tja, das wußte ich auch nicht. Ich zögerte mit meiner Antwort, denn ich hatte vielleicht schon ein paar fragwürdige Entscheidungen bei der Wahl meiner Partner getroffen, aber mich noch nie auf so etwas eingelassen.
*** Fortsetzung folgt***