Christians Anruf hatte mich aus dem Schlaf geholt. Zugegebenermaßen, zum Glück, ich hätte sonst nämlich verpennt. Gestern abend hatte ich ihn noch zum Bahnhof gefahren und ihm hinterher gewinkt. Christian ist mein Freund und wir leben seit zwei Jahren zusammen. Vieles machen wir gemeinsam, aber eben nicht alles. Dazu gehört auch, dass er ein, zweimal im Jahr alleine zu seinen Eltern fährt. Zumindest ist das der offizielle Grund.
Klar, er besucht sie auch und wohnt bei ihnen. Aber bei diesen Gelegenheiten trifft er auch die alten Kumpels aus dem Dorf, mit denen er seine Kindheit verbracht hat. Nicht, dass ich mich mit Erika und Kurt nicht verstehen würde, aber ich weiß auch, dass er diese Auszeit, vielleicht auch von mir, braucht und genießt. Ich habe es da einfacher, meine Freundinnen, die alten, wie die neuen, wohnen alle in der näheren Umgebung.
Jetzt hatte ich drei Tage für mich und auch ich würde mich mit einer Freundin treffen. Conny würde nachher zu einem ausgiebigen Frühstück und Tratsch bei mir eintreffen. Und weil es da noch einiges vorzubereiten gab, war ich froh, dass Christian angerufen und mir gesagt hatte, dass er gut angekommen sei.
Die morgendlichen Verrichtungen und die Vorbereitungen fürs Frühstück ließen mir keine Zeit zum nachdenken, ich musste mich schon ein wenig beeilen. Da das Wetter gut war, richtete ich den Tisch auf dem großzügig bemessenen Balkon, ließ die Markise herunter, dass die Sonne nicht zu sehr darauf brannte und schaffte es gerade noch 10 Minuten vor der verabredeten Zeit, fertig zu werden.
Aber dann hatte ich plötzlich doch noch viel Zeit. Conny rief an und teilte mir mit, dass sie verschlafen habe und sich verspäten würde. Gib mir noch eine halbe Stunde. Ich hüpfe unter die Dusche und düse dann los! Ihre Stimme klang so gar nicht verpennt, eher sogar fröhlich und mehr als gut gelaunt!
Ich holte mir eine Tasse Kaffee und setzte mich auf meinen Platz auf dem Balkon. Während ich an dem heißen Getränk nippte kam ich ins Grübeln. Oder sagen wir so, es gab einen Anlass, der mich auf das Thema brachte. Mir fiel nämlich ein, dass ich in der Hektik vergessen hatte, meine Pille zu nehmen und holte dies nun nach. Als ich sie aus der Blisterpackung drückte kam mir in den Sinn, dass ich sie, wenn man es genau nahm, gar nicht brauchte. Stimmt natürlich nicht, aber gefühlt war der Aufwand, aber auch die Belastung meines Körpers mit der Chemie, nicht in Einklang mit dem Nutzen zu bringen.
Um es gerade heraus zu sagen, was die Bedürfnisse nach Zärtlichkeit und Sex angeht, spielen Christian und ich in sehr unterschiedlichen Ligen. Christian ist, positiv ausgedrückt, sehr genügsam, während ich eindeutig mehr Wünsche habe. Für Christian ist es genug, oder sagen wir besser ausreichend, wenn er einmal in der Woche, meist am Wochenende, zu mir kommt. Und selbst dann vermisse ich das Aufregende, das Prickelnde. Wir schlafen miteinander und das ist es auch schon. Nein, natürlich nicht nur, aber unser Liebesleben hat doch sehr eindeutige Züge des altbekannten Rein-Raus-Spiels. Meine Bemühungen, das zu ändern, ihn zu verführen, scheitern meist. Mehr als oft, gibt mir Christian zu verstehen, dass er zu müde sei.
Ich möchte nicht falsch verstanden werden, eigentlich bin ich glücklich mit ihm. Auf jedem anderen Gebiet verstehen wir uns prächtig und ergänzen uns in unseren Wünschen und Vorlieben. Oder, was noch häufiger der Fall ist, wir teilen sie. Wir haben den gleichen Musikgeschmack, wir spielen beide im Verein Tischtennis, wir mögen Museen und Konzerte. Alles passt, nur eben diesem einen Thema, messen wir unterschiedliche Bedeutung bei.
Da wir unterschiedliche Arbeitszeiten haben, bin ich meist vor ihm zu Hause. Da ich weiß, dass er unter der Woche kaum das Bedürfnis hat, mit mir ins Bett zu gehen, ich aber immer ziemlich hibbelig bin, habe ich mir angewöhnt, kaum dass ich zu Hause bin, unter die Dusche zu hüpfen und es mir danach auf dem Bett gemütlich zu machen. Im Laufe der Zeit habe ich mir das eine oder andere Spielzeug gekauft und mit denen spiele ich dann. Ich nehme an, dass Christian das vermutet, oder gar weiß, denn ich habe von meinen Anschaffungen kein Geheimnis gemacht. Ehrlich gesagt hatte ich gehofft, ihn damit animieren zu können, zumindest mit dem Ersten. Aber Christian hatte die Anschaffung nur zur Kenntnis genommen, sich aber niemals für deren Gebrauch interessiert.
So holte ich mir die körperliche Entspannung beinahe jeden Tag. Das war kein Problem, denn in den wirklich seltenen Fällen, in denen Christian auch außer der Reihe bereit war, sich mit mir in den Laken zu tummeln, tat das meiner Lust keinen Abbruch, eher im Gegenteil.
Das Klingeln an der Tür, riss mich aus meinen Gedanken. Conny stand in der Tür, die Sonnenbrille nicht wie üblich ins blonde Haar geschoben, sondern auf der Nase. Küsschen links und Küsschen rechts zur Begrüßung, dann saßen wir beim Frühstück. Erst redeten wir über alles Mögliche und ich vergaß das mich quälende Thema. Doch dann kam Conny noch mal darauf zurück, dass sie unseren Termin verpennt hatte. Tut mir leid, Süße, aber ich bin einfach nicht aus den Federn gekommen. Dabei sah ich trotz der Sonnenbrille, dass sie grinste. Ich dachte mir meinen Teil, kleidete ihn aber dann doch in Worte, um so ein intimes Gespräch unter Freundinnen zu eröffnen.
Ich nehme mal an, dass Matthias dich nicht hat aufstehen lassen. Conny antwortete nicht sofort, sondern sah mich stumm an. Sie nahm sogar die Sonnenbrille ab und ihr Blick war irgendwie prüfend, so als sei sie sich nicht ganz sicher, was sie sagen dürfte. Auch ich schwieg, musterte sie dabei aber unauffällig. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass sie nicht viel Schlaf in dieser Nacht bekommen hatte und so etwas wie Neid stieg in mir hoch!
Matthias ist mit seinen Jungs auf Ferienfreizeit. Sagte sie langsam und unverbindlich, ohne die Mine zu verziehen. Richtig, Matthias trainierte ja irgendwelche kleine Jungs im Fußballverein. Das er nicht da war, war ja auch einer der Gründe, warum wir uns heute zum Frühstück getroffen hatten. Beide schweigen wir, beide sahen wir uns nicht an. Aber ich dachte mir meinen Teil. Obwohl, würde sie das tatsächlich tun? Bisher hatte ich sie und Matthias immer für ein Musterpaar gehalten.
Du sagst nicht dazu? Diese Frage klang irgendwie komisch, fast so, als wolle sie, dass ich sie nach irgendetwas Bestimmtem fragen sollte. Sicher, eine Frage lag mir auf der Zuge, aber ich traute mich nicht. War sie fremdgegangen? Ich schüttelte den Kopf. Ich denke, wenn du etwas sagen willst, wirst du schon zu reden anfangen. Meine Antwort war diplomatisch.
Conny zerkleinerte geistesabwesend ihre Serviette. Ja, da hast du sicher recht. Jetzt hob sie den Kopf und sah mir in die Augen. Ihr Blick hatte etwas Flehendes. Aber leicht ist das nicht für mich! Sie wollte reden, das war klar. Aber sie fand den Anfang nicht. Egal, was du mir auch sagst, niemand wird es von mir erfahren. Wieder lastete die Stille schwer auf uns. Aufmunternd sah ich sie an.
Du wirst das vielleicht nicht verstehen! Was? Drängte es mich zu fragen, aber ich schwieg. Schau mich an! Ich tat es, sagte aber nichts. Klar, die Ringe unter ihren Augen waren mir aufgefallen, aber so etwas kommentiert man auch unter besten Freundinnen nicht. Du siehst müde aus! Ich blieb unverbindlich. Conny nickte. Bin ich auch! Und was bist du noch? Vorsichtig bohrte ich nach. Sie hob die Schultern. Die Frage ist nicht ganz richtig gestellt! Wie muss sie richtig lauten? Ich wusste nicht, was sie meinte. Wieder lastete ihr Blick auf mir, bevor sie sich zu mir herüber beugte und leise flüsternd antwortete.
Weiß ich nicht, aber ich kann dir die Antwort geben. So sieht eine Frau aus, die eine ganze Nacht lang durch gefickt wurde! Ich fuhr zurück und hielt mir die Hand vor den Mund. Ich denke, Matthias ist nicht da? Flüsterte ich atemlos. Conny fing an zu grinsen. Eben deshalb! Ich verstand nichts, rein gar nichts! Von wem dann? Conny öffnete den Mund um zu antworten, doch im selben Moment hörten wir Stimmen vom Nachbarbalkon. Conny schloss den Mund, nur um ihn sofort danach wieder zu öffnen. Mir wird es langsam zu warm hier draußen, wollen wir nicht rein gehen? Ich sah ihren verschwörerischen Blick und verstand. Sie war zur Beichte bereit, aber nicht in aller Öffentlichkeit. Selbstverständlich stand ich sofort auf. Ich war so etwas von neugierig geworden.
Schnell, aber schweigend, räumten wir den Tisch ab und setzten uns ins Wohnzimmer. Die Tür zum Balkon wurde geschlossen. Ich kann mich darauf verlassen, dass das niemand erfährt? Ich nickte.
Schau, nicht jede von uns hat es so gut, wie du. Du hast deinen Christian und ihr versteht euch auf allen Gebieten ausgezeichnet. Ich wollte schon etwas sagen, ihr widersprechen, aber sie ließ mich nicht dazu kommen. Doch, doch, ihr unternehmt so Vieles gemeinsam und ich denke, ihr habt auch zusammen Spaß im Bett. Ich schwieg. Wenn die wüsste! Aber Conny schien meinen Blick nicht zu bemerken. Bei uns ist das etwas anders. Sicher, wir lieben uns, aber Matthias ist, wie soll ich sagen, eher etwas phlegmatisch. Klar, wenn es um Fußball geht, dann ist er hellwach, aber im Bett.... Sie ließ das Ende des Satzes in der Luft hängen. Ja? Ich musste es einfach wissen.
Ich will ja nicht sagen, dass er sich keine Mühe gibt, aber es klappt einfach nicht. Zumindest nicht so, wie ich will. Conny schwieg und griff zu ihre Zigaretten. Tief inhalierte sie den Rauch und stieß ihn wieder hervor. Er ist halt einfallslos. Wir fummeln, er leckt ein bisschen, dann kommt er in mich. Immer von vorne, immer die gleichen Stöße! Sie schüttelte den Kopf. Fünf Minuten! Sie hob die Hand mit ausgestreckten Fingern, fünf Minuten dauert das, dann spritz er in mich. Noch ein paar Stöße, dann wälzt er sich von mir herunter, gibt mir einen flüchtigen Kuss und dann ist das auch schon alles vorbei!