Also, woher kommt es dann? Kann es zum Teil in den Genen liegen?
Prinzipiell gibt es für diese Thematik zwei Lager. Die einen, die für sämtliche Entwicklung und Individualität den Mix des Genpools verantwortlich machen. Dann gibt es die andere Seite, die behauptet, die Gene spielen höchstens rein äußerlich eine Rolle und beinahe unser gesamtes Verhalten wird durch unser kindliches Umfeld und unsere Erziehung geprägt. Wie so oft denke ich, dass die Wahrheit irgendwo in der Mitte liegt.
Bei dem konkreten Fall bin ich persönlich allerdings davon überzeugt, dass die Gene hier eine absolut zweitrangige Rolle spielen. Man sehe sich nur mal an, wie sich Normen und Konventionen binnen kurzer Zeit (=weniger als 100 Jahre) komplett umkrempeln. Angeblich entwickelt ein Mensch keine Angst vor Spinnen, wenn die Eltern sie nicht vermitteln - d.h. weder zusammenzucken noch schreien...sondern sie womöglich streicheln und über die Haut krabbeln lassen. Stellen sich dir bei dieser Vorstellung die Haare auf? Dann hast du vermutlich wie fast alle Menschen (mich eingeschlossen) als Kind das Gefühl bekommen, man müsse Angst davor haben. Unsere Gene machen uns nicht überlebensfähig. Unsere Erziehung schon. Allein, dass du als Kind gesehen hast: "Mama kocht, Papa geht arbeiten" schärft sich in deinen Verstand ein. Wir lernen von unseren Eltern und alles, was davon abweicht ist erstmal unnormal.
Ich finde es ganz natürlich, dass Unbekanntes auf uns befremdlich wirkt. Meine Mutter hat mir mal erzählt, dass sie früher zwei Waschlappen hatte: einen für "obenrum" und einen für "untenrum". Erst als sie an die 50 war, stellte sie das ernsthaft in Frage. Die Behauptung, die bei ihrer eigenen Erziehung mitschwang lautete ja quasi: die Scheide einer Frau ist unrein (denn sauber ist sie nach dem Waschen ja zweifellos). Aber solche Meinungen ändern sich Gott sei Dank: ich hatte nur einen Waschlappen und fühlte mich nie unhygienisch ;)
Dass Konventionen weitergegeben werden ist gut. Und auch viele Vorurteile haben uns Menschen in den letzten Jahrhunderten das Überleben gesichert (z.B. was fremd ist, ist böse). Genauso wichtig ist es aber, diese immer wieder zu überdenken, wenn man sie seinen eigenen Kindern verbal/non-verbal vermittelt.
Selbst aber, wenn die Eltern dies nicht vermitteln...in den heutigen Zeiten wird man ja nur zu X Prozent von den Eltern und zu Y>X Prozent von der Gesellschaft erzogen. Jeder TV-Film, jede Werbung, jedes Buch...alles trägt zu deinem persönlichen Weltbild bei. Und diese Dinge verankern sich tief und fest. Dass unsere Gedanken und Empfindungen komplett frei sind, halte ich schon immer für einen großen Irrtum - gerade bei Themen der Sexualität, wo so viele Dinge höchst unterschwellig mitschwingen ;)
Edit: nochmal durchgelesen...das klingt ja wie bei einer Soziologie-Vorlesung. Verzeihung